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Dekonditionierung – Warum wir verlernen müssen, abhängig zu sein

Dekonditionierung – Warum wir verlernen müssen, abhängig zu sein

Wir wurden konditioniert, abhängig zu sein. Von Plattformen, Algorithmen, Validierung. Dekonditionierung bedeutet: Das erkennen. Und dann loslassen.

Das Regal im fremden Supermarkt

Jeder, der auf Substack ist und schreibt, verfolgt ein Ziel. Ob es nun die Freude ist, auf sein Wissen hinzuweisen, oder auf sein Geschäft, seine Dienstleistung. Es gibt so viel – berührende Gedanken, tolle Informationen. Und Notes, die kein Mensch braucht.

Man freut sich auf Reaktionen. Ein Herz. Ein Kommentar. Besonders wenn es eine richtige Person ist und nicht J. @j123170569.

Wir stecken Arbeit in den Newsletter. Manche posten regelmäßig Notes, kommentieren strategisch. Sind präsent für den Algorithmus. Es entsteht Gemeinschaft. Gemachte Gemeinschaft. Wie ein Club, den man jede Woche Freitag und Samstag bei genialer Musik genießt. Man macht Bekanntschaften. Irgendwann schließt der Club – und somit die Verbindung zu den Bekanntschaften.

Wo bleiben die Gedanken bei einer Note auf Substack? Im Substack-Universum. Die Newsletter werden gut indexiert bei Google, aber die Domain-Relevanz bekommt nicht der Autor. Substack bekommt sie. Für viele reicht das. Für manche nicht.

Ich möchte, dass meine Arbeit meinen Namen bekommt. Signiert bis in digitale Unendlichkeit.

Ja, das Spiel mit den Herzen habe ich auch gespielt. Auf Instagram unter @ganzwachsen. Ich muss was posten – die Lust und die Freude haben manchmal gefehlt. Contentplan, denken einige jetzt. Habe ich nicht. Werde ich auch nie haben.

Ich für meinen Teil fülle keine Regale mehr in fremden Supermärkten. Ich habe meinen eigenen und nutze aber auch andere. Sowohl als auch. Das ist mein Yin und Yang, das mir Frieden gibt.


Die Erschöpfung

Das Dashboard. Die Zahlen. Die Kurve.

Kennst du das Gefühl, wenn du morgens aufwachst und als erstes an deine Statistiken denkst? Nicht an deinen Kaffee. Nicht an den Tag, der vor dir liegt. Sondern an die Öffnungsrate. Die Likes. Die Follower-Zahl.

Gestern waren es 247 Aufrufe. Heute 189. Was habe ich falsch gemacht?

Diese Frage. Sie bohrt. Sie nagt. Sie lässt nicht los.

Und du weißt genau, was die Antwort ist. Du warst nicht präsent genug. Du hast nicht genug kommentiert. Du hast zur falschen Zeit gepostet. Du hast das falsche Thema gewählt. Du hast nicht genug Hashtags benutzt. Oder zu viele. Oder die falschen.

Die Stellschrauben. Du kennst sie alle.

Mehr posten. Mehr reagieren. Mehr kommentieren. Mehr präsent sein. Mehr, mehr, mehr.

Es gibt Leute, die machen das hauptberuflich. Die optimieren ihre Posting-Zeiten. Die analysieren, welche Überschriften besser klicken. Die A/B-testen ihre Thumbnails. Die haben Spreadsheets mit Engagement-Raten und Conversion-Funnels.

Und weißt du was? Es funktioniert. Für eine Weile.

Aber irgendwann merkst du: Du schreibst nicht mehr für dich. Du schreibst für den Algorithmus. Du postest nicht mehr, weil du etwas zu sagen hast. Du postest, weil du sichtbar bleiben musst. Du kommentierst nicht mehr, weil dich etwas berührt hat. Du kommentierst, weil du hoffst, dass jemand zurückkommentiert.

Das ist der Deal. Das ist das Geschäftsmodell.

Die Plattform will, dass du abhängig bist. Von den Zahlen. Von der Validierung. Von dem kleinen Dopamin-Schub, wenn eine Benachrichtigung aufploppt. Sie haben Teams von Psychologen, die genau das designen. Die Farbe des Like-Buttons. Der Sound der Notification. Das unendliche Scrollen.

Du bist nicht das Produkt. Das ist zu einfach gesagt. Du bist die Batterie. Deine Aufmerksamkeit. Deine Zeit. Deine kreative Energie. All das fließt in ein System, das davon profitiert, dass du nicht aufhören kannst.

Und das Verrückte ist: Du weißt das. Ich wusste das. Wir alle wissen das.

Trotzdem machen wir weiter. Weil die Alternative – unsichtbar sein – sich noch schlimmer anfühlt.

Oder?


Das Ausbrennen ist kein Bug

Lass mich dir etwas erzählen, das mir erst spät klar wurde.

Die Erschöpfung, die du fühlst – das ist nicht deine Schuld. Das ist nicht, weil du nicht gut genug bist. Das ist nicht, weil du nicht hart genug arbeitest. Das ist nicht, weil dir Disziplin fehlt.

Die Erschöpfung ist eingebaut. Sie ist Teil des Systems.

Denk mal darüber nach: Was passiert, wenn alle entspannt wären? Wenn niemand mehr das Gefühl hätte, ständig präsent sein zu müssen? Wenn die Angst vor dem Unsichtbar-Werden verschwinden würde?

Die Plattformen würden zusammenbrechen.

Sie brauchen deine Angst. Sie brauchen deinen Druck. Sie brauchen das Hamsterrad, in dem du läufst. Nicht weil sie böse sind. Sondern weil das ihr Geschäftsmodell ist.

Werbeeinnahmen basieren auf Aufmerksamkeit. Je mehr Zeit du auf der Plattform verbringst, desto mehr Werbung kannst du sehen. Je öfter du postest, desto mehr Gründe haben andere, die App zu öffnen. Je abhängiger du bist, desto wertvoller bist du.

Und du? Du sitzt da mit deiner Erschöpfung und fragst dich, was du falsch machst.

Nichts. Du machst nichts falsch. Du reagierst nur auf ein System, das darauf ausgelegt ist, dich auszubrennen.


Der Moment, in dem ich aufhörte

Bei mir kam der Punkt irgendwann. Ich kann dir nicht sagen, wann genau. Es war kein großer Moment. Keine Erleuchtung. Kein Burnout im klassischen Sinne.

Es war eher ein leises Verstummen.

Ich saß vor meinem Laptop, wollte einen Post schreiben. Und da war nichts. Keine Lust. Keine Freude. Nur dieses Gefühl: Ich muss.

Ich muss posten. Ich muss sichtbar sein. Ich muss das Spiel spielen.

Und dann dachte ich: Warum eigentlich?

Warum spiele ich ein Spiel, das mich nicht glücklich macht? Warum fülle ich Regale in einem Supermarkt, der mir nicht gehört? Warum gebe ich meine beste Energie an ein System, das mich als Ressource sieht?

Ich machte Frieden. Und ich hörte auf.

Nicht komplett. Nicht für immer. Aber ich hörte auf, das Spiel zu spielen. Ich hörte auf, für den Algorithmus zu performen. Ich hörte auf, mich von Zahlen definieren zu lassen.

Das war der Beginn der Dekonditionierung.


Das Suchen hat begonnen

Ich bin nicht allein.

Im November 2024 passierten zwei Dinge. Erstens: Die US-Wahlen. Zweitens: 35 Millionen Menschen meldeten sich bei Bluesky an. In einem Monat.

35 Millionen.

Das ist nicht nur eine Zahl. Das ist eine Bewegung. Das ist ein Aufstand. Nicht laut. Nicht auf der Straße. Aber real.

Diese Menschen haben nicht gewechselt, weil Bluesky perfekt ist. Sie haben gewechselt, weil sie weg wollten. Weg von X. Weg von dem, was Twitter geworden ist. Weg von einer Plattform, die sich anfühlt wie ein Ort, an dem man nicht mehr sein möchte.

Und Bluesky ist nur ein Beispiel. Da ist Mastodon mit seinen Millionen Nutzern. Da ist Nostr, das wächst. Da ist das Fediverse, diese seltsame, dezentrale Welt, von der die meisten noch nie gehört haben.

Menschen suchen. Sie suchen Alternativen. Sie suchen einen Ausweg. Sie suchen etwas, das sich anders anfühlt.


Die Sehnsucht nach echten Gesprächen

Weißt du, was mich am meisten erschöpft hat? Nicht das Posten. Nicht die Arbeit. Nicht einmal die Zahlen.

Es war das Rauschen.

Endloses Scrollen durch Content, der nichts sagt. Kommentare, die nur da sind, um Kommentare zu sein. Interaktionen, die sich hohl anfühlen. Menschen, die performen, statt zu sein.

Ich sehnte mich nach echten Gesprächen. Nach dem Gefühl, dass jemand wirklich zuhört. Nach Austausch, der nicht strategisch ist. Nach Verbindung, die nicht auf Followerzahlen basiert.

Kennst du das Gefühl, wenn du mit jemandem redest und merkst: Der ist wirklich da. Der hört wirklich zu. Der antwortet auf das, was ich sage, nicht auf das, was er sagen will.

Das ist selten geworden. Online und offline.

Aber diese Sehnsucht – sie ist nicht nur meine. Sie ist überall. Du spürst sie in den Kommentaren unter Posts, die etwas Echtes sagen. Du spürst sie in den DMs, die tiefer gehen als "Great content!". Du spürst sie in den kleinen Communities, die abseits des Mainstreams entstehen.

Menschen wollen Verbindung. Echte Verbindung. Nicht das Simulakrum davon, das uns die Plattformen verkaufen.


Warum die Alternativen (noch) nicht funktionieren

Okay, also es gibt Alternativen. Mastodon. Bluesky. Nostr. Das Fediverse. Dezentrale Netzwerke. Offene Protokolle.

Warum nutzt sie dann kaum jemand?

Die Antwort ist einfach und frustrierend: Der Einstieg ist zu schwer.

"Lad dir Mastodon runter und such dir eine Instanz aus. Was ist eine Instanz? Naja, das ist wie ein Server, auf dem dein Account liegt. Du musst dir überlegen, welche Instanz zu dir passt. Manche haben bestimmte Regeln. Manche sind für bestimmte Themen. Ach ja, und wenn die Instanz dichtmacht, ist dein Account weg. Aber du kannst migrieren. Meistens."

Die meisten Menschen schließen an dieser Stelle den Browser.

Und ich verstehe das. Ich verstehe das total. Wir sind es gewohnt, dass Dinge einfach funktionieren. Du lädst Instagram runter. Du machst einen Account. Fertig. Alles andere passiert im Hintergrund.

Die Alternative: Du musst verstehen, wie das System funktioniert. Du musst Entscheidungen treffen. Du musst Verantwortung übernehmen.

Das ist der Preis der Souveränität. Und für viele ist er zu hoch.


Technisch unabhängig, sozial isoliert

Aber nehmen wir mal an, du schaffst den Einstieg. Du hast jetzt deinen Mastodon-Account. Oder dein Nostr-Profil. Oder was auch immer.

Und dann?

Dann sitzt du da. Auf einer Insel. Im Nirgendwo.

Deine Freunde sind nicht hier. Deine Follower sind nicht hier. Die Menschen, mit denen du dich austauschen willst, sind immer noch auf Instagram, auf Twitter, auf Substack.

Du bist technisch unabhängig. Aber sozial isoliert.

Das ist das Paradox der Dezentralisierung. Die Technologie ist da. Sie funktioniert. Seit Jahren teilweise. Aber Technologie allein reicht nicht. Menschen gehen dahin, wo andere Menschen sind. Und die anderen Menschen sind auf den großen Plattformen.

Wie durchbricht man diesen Kreislauf?


Was Dekonditionierung bedeutet

Dekonditionierung. Das Wort klingt sperrig. Technisch. Wie etwas aus einem Selbsthilfebuch.

Aber es trifft den Kern.

Wir wurden konditioniert. Trainiert. Programmiert. Nicht durch eine böse Macht. Nicht durch eine Verschwörung. Sondern durch Jahre der Nutzung. Durch Design-Entscheidungen, die wir nie bewusst wahrgenommen haben. Durch Geschäftsmodelle, die auf unserer Abhängigkeit basieren.

Wir wurden konditioniert zu glauben, dass wir ohne die Plattformen nicht existieren. Dass unsere Reichweite unser Wert ist. Dass Sichtbarkeit Erfolg bedeutet. Dass wir ständig performen müssen, um relevant zu bleiben.

Dekonditionierung bedeutet: Das erkennen. Und dann loslassen.


Den falschen Ballast erkennen

Der erste Schritt ist nicht der schwierigste. Der erste Schritt ist der schmerzhafteste.

Du musst hinschauen. Ehrlich hinschauen. Auf das, was du tust. Auf das, warum du es tust. Auf das, was es mit dir macht.

Postest du, weil du etwas zu sagen hast? Oder postest du, weil du Angst hast, vergessen zu werden?

Kommentierst du, weil dich etwas berührt? Oder kommentierst du, weil du hoffst, dass jemand auf dein Profil klickt?

Checkst du die Statistiken, weil sie dir helfen, besser zu werden? Oder checkst du sie, weil du süchtig nach der Validierung bist?

Das sind unangenehme Fragen. Ich weiß. Ich habe sie mir selbst gestellt. Die Antworten waren nicht schön.

Aber ohne diese Ehrlichkeit keine Veränderung. Ohne das Erkennen kein Loslassen.


Loslassen, nicht kämpfen

Hier kommt der Teil, den die meisten falsch verstehen.

Dekonditionierung bedeutet nicht, gegen die Plattformen zu kämpfen. Es bedeutet nicht, wütend zu werden. Es bedeutet nicht, einen Kreuzzug zu führen gegen Big Tech und die bösen Algorithmen.

Das wäre nur eine andere Form der Abhängigkeit. Du wärst immer noch definiert durch das, wogegen du kämpfst. Du wärst immer noch gefangen in der Beziehung – nur mit umgekehrtem Vorzeichen.

Dekonditionierung bedeutet: Loslassen.

Nicht mit Gewalt. Nicht mit Drama. Sondern mit Frieden.

Es bedeutet, die Entscheidung zu treffen: Das hier dient mir nicht mehr. Und dann weiterzugehen. Ohne Groll. Ohne Rechtfertigung. Ohne das Bedürfnis, allen zu erklären, warum.

Es bedeutet, die Statistiken zu schließen und nicht mehr zu öffnen. Es bedeutet, zu posten, wenn du etwas zu sagen hast – und nicht, wenn der Algorithmus es verlangt. Es bedeutet, die Benachrichtigungen auszuschalten und zu merken, dass die Welt nicht untergeht.

Es bedeutet, dir selbst zu erlauben, unsichtbar zu sein. Und zu entdecken, dass das okay ist.


Es geht um dich, nicht um die Systeme

Ich möchte etwas klarstellen, weil es wichtig ist.

Dieser Artikel ist keine Kritik an Substack. Oder an Instagram. Oder an irgendeiner Plattform. Diese Plattformen sind Werkzeuge. Sie sind nicht gut oder böse. Sie sind, was sie sind.

Die Kritik gilt nie dem Menschen. Sie gilt dem Code. Den Strukturen, die Ineffizienz und Unfreiheit erzwingen.

Und am Ende geht es nicht mal um die Strukturen. Es geht um dich.

Um deine Beziehung zu diesen Werkzeugen. Um die Frage, ob du sie nutzt – oder ob sie dich nutzen. Um die Frage, ob du frei bist – oder ob du nur glaubst, es zu sein.

Dekonditionierung ist persönlich. Sie passiert in dir. Sie ist deine Entscheidung. Dein Prozess. Dein Weg.

Niemand kann dir sagen, wie es geht. Niemand kann dir sagen, wann es Zeit ist. Niemand kann es für dich tun.

Aber du kannst anfangen. Jetzt. Heute.

Stell dir vor, du hättest keine Angst, unsichtbar zu werden. Was würdest du tun?


Nicht alleine auf einer Insel

Okay. Du hast losgelassen. Du hast erkannt. Du bist bereit für etwas Neues.

Und jetzt?

Hier kommt der Teil, der mich am längsten beschäftigt hat. Weil er nicht einfach ist. Weil er paradox klingt. Weil er gegen alles geht, was wir gelernt haben.

Souveränität bedeutet nicht Isolation.

Lies das nochmal. Souveränität bedeutet nicht Isolation.

Du musst nicht deine eigene Insel bauen. Du musst nicht alles selbst hosten. Du musst nicht zum Tech-Nerd werden, der seinen eigenen Server im Keller betreibt und allen erklärt, warum sie es auch tun sollten.

Das ist ein Missverständnis. Ein weit verbreitetes. Und es hält viele Menschen davon ab, den ersten Schritt zu machen.


Ein Archipel, kein Kontinent

Stell dir vor: Nicht eine große Insel, sondern viele kleine. Verbunden durch Brücken. Durch Boote. Durch Wege, die du selbst wählen kannst.

Du kannst auf einer Insel wohnen und trotzdem die anderen besuchen. Du kannst deinen Heimathafen haben und trotzdem reisen. Du kannst Teil einer Gemeinschaft sein und trotzdem unabhängig.

Das ist das Bild, das mir geholfen hat. Das Archipel.

Nicht jeder muss seine eigene Infrastruktur aufbauen. Das wäre absurd. Das wäre, als würde jeder sein eigenes Stromnetz betreiben müssen, um unabhängig von der Energiewirtschaft zu sein.

Aber es braucht einen Ort zum Ankommen. Einen Heimathafen. Einen Ort, an dem der Einstieg leichter wird. Wo Menschen sind, die den Weg schon kennen. Wo du Unterstützung findest, wenn du sie brauchst.


Verbunden, nicht abhängig

Das ist der Unterschied. Der entscheidende Unterschied.

Abhängigkeit bedeutet: Du kannst nicht gehen. Die Plattform hat deine Daten. Deine Follower. Deine Inhalte. Deine Identität. Wenn du gehst, verlierst du alles.

Verbundenheit bedeutet: Du kannst jederzeit gehen. Deine Schlüssel gehören dir. Deine Identität gehört dir. Deine Inhalte gehören dir. Du bist da, weil du es willst – nicht weil du musst.

Das klingt abstrakt. Lass mich konkret werden.

Nimm Substack. Du kannst deine E-Mail-Liste exportieren. Das stimmt. Deine Abonnenten nimmst du mit. Aber dein Werk? Deine Texte? Die bleiben dort.

Die URLs zeigen auf substack.com/dein-name. Die Backlinks, die du über Jahre aufgebaut hast – sie zeigen auf Substack. Die Google-Indexierung, die Domain-Relevanz – Substack bekommt sie, nicht du. Dein Name steht drunter, aber das digitale Wasserzeichen gehört jemand anderem.

Du nimmst die Adressen mit. Aber nicht dein Werk. Nicht wirklich.

Das ist der Unterschied zwischen "du kannst gehen" und "du kannst gehen, aber du lässt alles zurück".

Stell dir vor, du hast eine Identität, die dir gehört. Nicht dein Instagram-Handle, der morgen gesperrt werden kann. Nicht deine E-Mail-Adresse bei Gmail, die Google gehört. Sondern ein kryptografischer Schlüssel. Ein Beweis, dass du du bist. Unveränderlich. Unzensierbar. Deins.

Mit diesem Schlüssel kannst du dich überall anmelden. Bei jeder Plattform, die das Protokoll unterstützt. Du nimmst deine Follower mit. Du nimmst deine Inhalte mit. Du bist nicht mehr gefangen.

Das ist keine Science-Fiction. Das existiert heute. Es heißt Nostr. Oder Self-Sovereign Identity. Oder dezentrale Identität. Verschiedene Namen, gleiches Prinzip.

Du bist du. Nicht dein Account. Du.


Das Problem des Einstiegs

Aber – und das ist ein großes Aber – diese Technologie ist nicht leicht zugänglich.

Wenn du heute eine souveräne digitale Identität haben willst, musst du verstehen, was ein Private Key ist. Du musst verstehen, was Relays sind. Du musst verstehen, wie Backup funktioniert. Du musst akzeptieren, dass es kein "Passwort vergessen" gibt.

Das ist zu viel. Für die meisten Menschen ist das zu viel.

Und deshalb bleiben sie, wo sie sind. Auf den bequemen Plattformen. Mit den einfachen Logins. Mit der falschen Sicherheit.

Das ist keine Kritik. Das ist Realität. Menschen haben Jobs. Familien. Sorgen. Sie haben keine Zeit, sich in dezentrale Protokolle einzulesen. Sie wollen, dass Dinge funktionieren.

Die Lösung kann nicht sein: "Lern halt, wie es geht." Das schließt 99% der Menschen aus.

Die Lösung muss sein: Den Einstieg erleichtern. Die Hürden senken. Einen Ort schaffen, an dem Menschen gemeinsam lernen können – ohne Predigt, ohne Dogma.


Den Schlüssel liefern, nicht das Abo

Hier ist, was ich glaube. Nach all dem Nachdenken. Nach all dem Suchen. Nach all den Experimenten.

Es braucht Orte, die den Übergang erleichtern. Brücken zwischen der alten Welt und der neuen. Heimathäfen, in denen Menschen ankommen können, ohne alles selbst aufbauen zu müssen.

Aber – und das ist der entscheidende Punkt – diese Orte dürfen nicht werden, wovon wir wegwollen.

Sie dürfen keine neuen Plattformen werden, die dich einsperren. Sie dürfen keine neuen Abhängigkeiten schaffen. Sie dürfen nicht das Abo verkaufen, wenn sie versprechen, den Schlüssel zu liefern.

Das Ziel muss sein: Deine Autonomie. Nicht die Reichweite des Heimathafens. Nicht das Wachstum der Community. Sondern deine Fähigkeit, selbstständig zu existieren.

Wahre Souveränität heißt: Wir machen uns überflüssig.

Ein Ort, der dich unterstützt, bis du alleine stehen kannst. Der dir zeigt, wie es geht. Der dir die Werkzeuge gibt. Und der dich dann gehen lässt, wenn du bereit bist.

Wer später seine eigene Insel bauen will, findet Unterstützung. Wer bleiben will, ist willkommen. Aber niemand ist gezwungen. Niemand ist gefangen. Die Tür ist immer offen.


Kontext, nicht Konditionierung

Es gibt noch etwas, das mir wichtig ist. Etwas, das über die Technik hinausgeht.

Wir alle sammeln Kontext. Jeden Tag. Durch Bücher, die wir lesen. Gespräche, die wir führen. Erfahrungen, die wir machen. Dieser Kontext formt, wie wir die Welt sehen. Wie wir denken. Wie wir handeln.

Das Problem ist: Ein Großteil unseres Kontexts wurde uns gegeben. Wir haben ihn nicht gewählt. Er wurde uns konditioniert. Durch Erziehung. Durch Medien. Durch Algorithmen.

Dekonditionierung heißt auch: Den falschen Kontext loslassen. Den richtigen bewusst wählen.

Was willst du wissen? Wovon willst du umgeben sein? Welche Stimmen willst du hören? Welche Gedanken willst du denken?

Das sind keine trivialen Fragen. Das sind die wichtigsten Fragen.

Und sie gelten nicht nur für uns Menschen. Sie gelten auch für die Maschinen, mit denen wir arbeiten.

Eine KI ohne Kontext gibt generische Antworten. Oberflächlich. Austauschbar. Wie ein Mensch, der nichts über dich weiß.

Eine KI mit dem richtigen Kontext versteht. Kann helfen. Kann unterstützen. Wie ein Freund, der deine Geschichte kennt.

Die Frage ist: Wer kontrolliert diesen Kontext? Wer entscheidet, was die Maschine über dich weiß?

Wenn es die Plattform ist – bist du wieder abhängig. Wenn es du bist – bist du souverän.


Der Weg beginnt hier

Ich weiß nicht, wo du gerade stehst. Vielleicht bist du erschöpft vom Hamsterrad. Vielleicht suchst du schon nach Alternativen. Vielleicht bist du skeptisch, ob das alles überhaupt möglich ist.

Alles davon ist okay.

Dekonditionierung ist kein Sprint. Es ist kein Projekt, das du an einem Wochenende abschließt. Es ist ein Prozess. Ein Weg. Manchmal vorwärts, manchmal zurück. Manchmal klar, manchmal verwirrend.

Aber der erste Schritt ist immer der gleiche: Erkennen.

Erkennen, wo du fremdgesteuert bist. Erkennen, was dich abhängig macht. Erkennen, dass es anders geht.

Von dort aus kannst du entscheiden. Was willst du loslassen? Was willst du behalten? Was willst du anders machen?

Es gibt keine richtigen Antworten. Nur deine Antworten.


Was bleibt

Am Ende dieses langen Textes bleibt eine einfache Wahrheit:

Du hast eine Wahl.

Du kannst weitermachen wie bisher. Die Regale füllen. Das Spiel spielen. Für den Algorithmus performen. Das ist okay. Das ist deine Entscheidung.

Oder du kannst etwas anderes versuchen. Deinen eigenen Weg gehen. Einen Heimathafen finden oder bauen. Verbunden sein, ohne abhängig zu sein.

Ich habe meine Entscheidung getroffen. Ich fülle keine Regale mehr in fremden Supermärkten. Ich habe meinen eigenen. Und ich nutze auch andere. Sowohl als auch.

Das ist mein Yin und Yang. Das gibt mir Frieden.

Vielleicht findest du deins auch.


Was jetzt kommt

Ein Anfang einer Reise.

Ein Archipel für Menschen, die digitale Souveränität wollen, ohne alleine auf einer Insel zu stranden. Ein Ort, der den Einstieg erleichtert und sich dann überflüssig macht.

Nicht über eine Plattform, die uns nicht gehört. Sondern direkt. Echt. Verbunden.

visionfusen.org